Menschenrechtsverletzung im eigenen Zuhause Teil 2: Gesetze, Tipps für Angehörige und Auswirkungen auf Betroffene

Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um körperliche und psychische Gewalt gegen Frauen. Die Inhalte machen ohne Frage betroffen und können bei LeserInnen negative Gefühle und Reaktionen auslösen. Bitte seien Sie beim Lesen dieses Artikels achtsam mit sich.

Häusliche Gewalt ist in Österreich die häufigste Menschenrechtsverletzung. Und sie passiert immer noch täglich. Neben Frauen werden auch Kinder Opfer von häuslicher Gewalt. Manchmal passiert dies indirekt, durch das bloße Miterleben, nicht selten werden aber auch Kinder im gleichen Haushalt körperlich und psychisch misshandelt. Die Auswirkungen von ständigem Gewalterleben auf die Entwicklung von Kindern aber auch auf das Erleben von Erwachsenen sind enorm.

Opfer von andauernder häuslicher Gewalt sind vergleichbar mit Überlebenden aus Konzentrationslagern

Die moderne Traumaforschung hat erkannt, dass chronische Gewalt, die man im Alltag permanent erlebt ganz andere – drastischere –  Auswirkungen auf Opfer hat als beispielsweise das einmalige Erleben einer Naturkatastrophe.

Personen, die lange Zeit mit häuslicher Gewalt leben vergleicht die Forschung der Traumatologie sogar mit Überlebenden aus Konzentrationslagern. Es ist von enormer Bedeutung etwas gegen häusliche Gewalt jeglicher Form zu unternehmen, da Betroffene nicht nur traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sind, sondern auch anfällig dafür werden, immer wieder in die Opferrolle zu kommen.

Leider wirkt sich nicht nur die Tat selbst traumatisierend auf die Opfer aus, sondern auch die oft folgenden Strafprozesse, die aus wiederholten Aussagen bestehen oder sogar mit einem Freispruch des Täters enden. Wie das zweite Gewaltschutzgesetz dies zu verhindern versucht, schauen wir uns nun kurz an:

Betretungsverbot bis Hausfriedensbruch: Die Verantwortung liegt beim Täter

Das Gewaltschutzgesetz versucht die gängigen Vorgehensweisen von Tätern mit dazugehörigen Gesetzen zu unterbinden. Dazu gehört im ersten Step das Betretungsverbot, das dem Täter vor allem signalisiert: Du handelst gegen Menschenrechte und begehst ein Delikt, wenn du eine Frau misshandelst.

Des Weiteren soll das Gesetz mit dem Paragraf-Hausfriedensbruch verhindern, dass er sich Zutritt zur Wohnung z. B.: durch Drohungen verschaffen will. Weitere Delikte im Gewaltschutzgesetz sind Sachbeschädigung, Körperverletzung, Freiheitsentziehung (bei Gefangenhalten des Opfers), Kindesentzug (wenn Kinder vor der Mutter versteckt werden), gefährliche Drohung, Nötigung sowie geschlechtliche Nötigung und Vergewaltigung.

Besonders bedeutend ist auch der Tatbestand “fortgesetzte Gewaltausübung”: Die Delikte werden über einen längeren Zeitraum zusammen betrachtet und es drohen höhere Freiheitsstrafen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese ausgebauten Gesetze wirklich bemüht sind, den Opfern den Rücken zu stärken. Neben dem Gewaltschutzgesetz wurde auch das Strafprozessgesetz 2008 reformiert. Nun haben Opfer ein Recht auf Prozessbegleitung, die auch eine psychosoziale Komponente umfasst. Wieder spielen Gewaltschutzzentren hier eine tragende Rolle: Frauen können bei solchen wichtigen Institutionen ausreichend Informationen über ihre Rechte in Prozessen einfordern.

Gewalt gegen Frauen: Eine Sache der Kultur?

Überdurchschnittlich viele Frauen in Wiener Frauenhäusern sind Migrantinnen. Das liegt allerdings oft an der Ausgrenzung dieser Frauen in der Gesellschaft z.B. durch schlechte Sprachkenntnisse. Ein weiterer Faktor ist die Abhängigkeit vom Partner durch die Gesetzeslage, die direkt mit dem Leben verbunden ist: Viele Frauen können nicht in ihre Heimat zurück und haben kein alleiniges Aufenthalts- sowie Beschäftigungsrecht. Die einzige Option, die zum Überleben bleibt: mit dem Täter zusammenleben.

Konkrete Schritte für Opfer, Angehörige und Täter

Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass Angehörige sich schwertun mit der Situation oder einem bloßen Verdacht umzugehen. Der wichtigste Tipp ist daher, dass man stets mit vollstem Verständnis auf betroffene Frauen zugeht und fragt, welche Form der Unterstützung sie sich wünscht.

Der Verweis auf Gewaltinterventionszentren und Frauenberatungsstellen ist ein weiterer wertvoller Tipp. Die betroffene Frau muss in erster Linie selbst Maßnahmen setzen, gutgemeinte Ratschläge oder Unternehmungen können zu noch mehr Eskalation und Todesangst führen. Angehörige sollten immer auf ihre eigene Sicherheit achten und können die Polizei rufen, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Besonders bedeutend ist die Unterstützung als ZeugIn, wenn es zu einem Strafprozess kommt.

Wichtig zu wissen: Jegliche Kontaktaufnahme mit der Polizei und der Jugendwohlfahrtsbehörde sind immer auch anonym möglich!

Frauen, die Hilfe gegen Misshandlungen des Partners suchen, lege ich nochmals die darauf spezialisierten Einrichtungen in Österreich ans Herz. Hier wird eine professionelle Beratung geliefert, die weder bevormundet noch das Problem ignoriert. Alle Beratungsstellen finden Sie unter folgendem Link:

https://www.bundeskanzleramt.gv.at/service/frauenservice-beratung-und-gewaltschutzeinrichtungen/beratungseinrichtung/wien.html

Auch Täter können und sollten sich Hilfe bei Institutionen holen. Anti-Gewalt-Trainings sind in Österreich weit verbreitet und Männerberatungsstellen sind in jedem Bundesland zu finden. Auf der Webseite der Männerberatung findet man alle Informationen zu Trainings und Anlaufstellen.

https://www.maenner.at/gewaltpraevention/anti-gewalt-therapie-jugendliche-und-junge-erwachsene/

Sollten Sie zu diesem oder anderen traumatischen Erfahrungen Gesprächsbedarf haben, bin ich gerne für Sie da. Über die Online-Terminvereinbarung können Sie sich gerne ein Erstgespräch vereinbaren, in dem wir uns 2 volle Therapieeinheiten kennenlernen und ich mir ein Bild Ihrer Situation machen kann. Was auch immer Sie bedrückt, ich freue mich, Sie bald unterstützen zu können.

24-Stunden Frauennotruf: 01 71 71 9

Quellen und weiterführende Links:
https://www.aoef.at/index.php/zahlen-und-daten
https://orf.at/stories/3211260/
http://www.gewaltschutzzentrum.at/ooe/down/Fassade_Broschuere09.pdf